Die Geschichte
Der Agenda-Pfad Sprockhövel ist ein kulturhistorischer Wanderweg und weitgehend identisch mit der alten fußläufigen Verbindung zwischen den Ortsteilen Niedersprock-hövel und Haßlinghausen.
Er war im 20. Jahrhundert der Arbeitsweg zahlreicher Männer zu den Sprockhöveler Fabriken und zur Zeche Alte Haase, der Weg zu Verwandten und die Verbindung zwischen den Sportstätten der damals noch selbständigen Gemeinden. Heute bilden zwei Schulzentren den Ausgangs- und Endpunkt des Weges.
Als Alternative zu umweltbelastenden weiten Ausflugsfahrten mit dem PKW wird das umweltschonende Wandern angeboten. Das Kennenlernen der heimischen Umgebung, das Wissen um die Entstehung und Entwicklung der Kulturlandschaft vor der eigenen Haustür führt zu einer größeren Wertschätzung der Heimat und damit zu dem Bestreben, sie zu schützen und zu bewahren. Auf dem Agenda-Pfad „entdecken“ die Wanderer von heute den jeweils anderen Ortsteil, den sie ansonsten kaum kennenlernen würden. Dies erleichtert die ansonsten schwierige Identifikation mit der Flächenstadt Sprockhövel mit ihren divergierenden Siedlungen.
Das Projekt Agenda-Pfad Sprockhövel erlangte beim Bundeswettbewerb des BHU (Bund Heimat und Umwelt) 1999 den Preis eines Bundessiegers. In der Begründung heißt es: „Der Pfad ist ein Beitrag zur Umweltbildung, zum Nahtourismus und zur Identifikation mit der Heimat. Er lädt gleichermaßen zur Auseinandersetzung mit der Regionalgeschichte und zur Reflexion über die zukünftige Entwicklung des Ortes und seiner Umgebung ein. Dadurch und auch durch seine Benennung wird der eher abstrakte Gedanke der Agenda 21 einer breiten Öffentlichkeit dauerhaft nahe gebracht.“
Das Landschaftsbild
Der Agenda-Pfad führt durch die reizvolle Landschaft Sprockhövels, die offiziell als Teil des „Hattinger Hügellandes“ bezeichnet wird. Das Hattinger Hügelland wiederum ist Kern des Niederbergisch-Märkischen Hügellandes, das zu den nordwestlichen Ausläufern des rechtsrheinischen Schiefergebirges gehört.
Charakteristisch für das Hattinger Hügelland sind die von Südwest nach Nordost in einer Vielzahl parallel verlaufenden schmalen Schichtrippen, die man auch „Eggen“ nennt: harte Sandstein- und Konglomeratschichten.
Im Verlauf der Erdgeschichte wurden widerstandsfähige und weniger widerstandsfähige Schichten abgelagert. In Jahrmillionen trug die Erosion die weicheren Schichten ab und modellierte so diese Landschaft mit ihren langgezogenen Härtlingsrücken, die durch Talmulden getrennt sind.
Der Agenda-Pfad Sprockhövel führt durch diese Eggen-Relief-Landschaft in Nordsüd-Richtung auf eine Strecke von ca. 6 Kilometern Länge.
Geologie
Erdgeschichtlich gesehen ist die Sprockhövler Landschaft bereits Grenzgebiet zwischen dem Devon und dem Karbon mit seinen Steinkohleflözen. An der Wende vom Unterkarbon zum Oberkarbon (vor rund 340 Millionen Jahren) faltete der von Süden nach Norden gerichtete Druck der variskischen Gebirgsbildung diese Ablagerungen zu dem Variskischen Faltengebirge - dem Rheinischen Schiefergebirge - auf.
Die geologischen Verhältnisse waren für die Wirtschaft in Sprockhövel von großer Bedeutung: Die Vorkommen von Eisenstein, Sandstein und vor allem Steinkohle prägten über Jahrhunderte das Leben in unserem Raum. Südlich der Ruhr, wo die Flöze an die Oberfläche treten, war die „Wiege des Ruhrkohlenbergbaus“, der sich in Sprockhövel erstmals im 16. Jahrhundert nachweisen lässt. Abbau, Verarbeitung und Transport von Steinkohle, Eisen- und Sandstein ermöglichte den Menschen neben ihrer zumeist kleinen und kargen Landwirtschaft ein Auskommen.
Am Agenda-Pfad liegen drei verlassene Steinkohlen- bzw. Eisensteinzechen. Er überquert neun Kohlenflöze, sieben Sandsteinbänke, vier Konglomeratsteinbänke und fünf Talmulden.
Kulturlandschaft
Auf der Grundlage der vorgefundenen geologischen Verhältnisse und der naturräumlichen Bedingungen haben die Menschen hier seit mehr als tausend Jahren eine Kulturlandschaft geschaffen, die ihnen unter diesen Verhältnissen optimale Lebensbedingungen garantierten.
Trotz ihres „natürlichen“ Erscheinungsbildes ist diese Landschaft weit entfernt von dem urwaldhaften Buchenmischwald, den die ersten Siedler hier vorfanden. Eine „heile Welt“ gaukelt der Agenda-Pfad nicht vor – zu sehr wurde nach unserer heutigen Sichtweise die Natur den ökonomischen Sachzwängen untergeordnet und die harmonische Schönheit alter Gebäude einem fragwürdigen Zeitgeschmack geopfert. Aber noch sind Zeugen vergangener Entwicklungen deutlich zu sehen.
Auf dem Agenda-Pfad ist beispielhaft die Symbiose zwischen den natürlichen Voraussetzungen und der menschlichen Gestaltungskraft zu erkennen, eine Gestaltungskraft, die ihre Umwelt stets neu schafft – aufbauend, zerstörend, regulierend, - aber immer auf der Grundlage der Natur, die es zu bewahren und zu schützen gilt. Die Kenntnis dieser Zusammenhänge und der Geschichte am Rande des Weges trägt zur Wertschätzung unserer Kulturlandschaft als Ergebnis jahrhundertelanger Arbeit, Kreativität, gesellschaftlicher und wirtschaftlicher Entwicklung bei.