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13. Löhener Straße und Am Nockenberg
Das Gut bzw. sein Besitzer Nockenberg (genannt Sonnenschein) wird seit dem 15. Jahrhundert in den Heberegistern des Klosters Werden erwähnt. Unter der Bezeichnung „op dem Groten berghe“ war Nockenberg dem Werdener Oberhof zugeordnet. Einern Im Schatzbuch der Grafschaft Mark von 1486 ist Hartlieff Sonneschyne mit der gleichen Summe besteuert wie Kreßsiepen und „To dem Kathen“. Die ursprünglich aus einer Hofstelle bestehende Siedlung entwickelte sich später durch Absplisse zu einem Weiler. Hier am Nockenberg fand auch das Holzgericht der Bosseler Mark statt. „Nach der Sage“, so schreibt eine Sprockhöveler Chronik aus dem 19. Jahrhundert „soll der Abt von Werden von diesen Gütern jährlich die Abgabe in dem Effmannschen Hause am Nockenberg geholt haben, weshalb das Haus noch heutzutage noch ‚Am Abtshause’ genannt wird.“ (zitiert nach Fritz Lehmhaus, Markengenossenschaft) Der ehemalige Hof Effmann, das „Oberste Nockenbergs Gut“, später Steinbrink, ist heute das Haus Nr. 51 (Ruthenbeck).
Die Löhener Straße ist Teil der alten Elberfeld-Hattinger Chaussee, der Kohlenstraße, die von Sprockhövel nach Herzkamp und weiter ins Bergische Land führte. Auf Pferderücken wurde die Kohle von Kohlentreibern zu den Abnehmern transportiert. Über die „Kohlentreiberey“ in seinem Sprengel schrieb 1789 der Schwelmer Pfarrer Friedrich Christoph Müller:
„ Die Kohlen werden in Säcke gepackt, und so auf einzelnen Pferden transportiert. ... Der Kohlentransport ist ein sehr wichtiger und ausgebreiteter Nahrungszweig für das Hochgericht Schwelm. Es wohnen über 300 Kohlentreiber in demselben, deren jeder 3 bis 4 Pferde hält. Überhaupt mögen jährlich wohl 110 bis 120 tausend Pferdeladungen Kohlen ins Bergische transportiert werden. ... Die Kohlentreiber sind in der Nachbarschaft als eine sehr rohe Nation verschrien. Sie haben sich aber diesen übelen Ruf vielleicht mehr durch ihr äußeres schwarzes, schmutziges Ansehen als durch ihren Charakter zugezogen. Man findet unter ihnen noch manche ordentliche Leute, und es ist bekannt, daß ein Kohltreiber lieber den größesten Schaden leidet, als dass er einen Eid schwöret. Daß sie übrigens meistens durchtriebene Köpfe sind, ist leicht zu denken. Sie haben kein anderes Geschäfte, als ihre Pferde hin und her zu treiben, unterwegs miteinander zu schäkern und sich in den Wirthshäusern miteinander lustig zu machen.“
Im Adressbuch von 1835 sind sage und schreibe vier Schenkwirtschaften und/oder
Geschäfte am Nockenberg verzeichnet: Johann Peter Effmann, Winkel in Spezereiwaren
(Laden für Gewürze, Tee, Reis usw.) und Schenkwirtschaft, Wienholt Sundhoff, Sattler
und Schenkwirt, Konrad Böhle, Schenkwirt und Bäcker und die Witwe des Dietrich
Heinrich Ostholt, Winkel in Spezereiwaren. Nach dem „Chausseebau“ ab 1847 dürfte es
erheblich ruhiger geworden sein am Nockenberg. Die letzte Gastwirtschaft - Ruthenbeck
- schloss 1984.
14. Auf Leckebüschen – Kornbrennerei Hegemann
Wo heute die Kornbrennerei Hegemann produziert, befindet sich einer der ältesten und bedeutendsten Höfe im alten Sprockhövel: Leckebüschen. Bereits vor 1220 wird die Besitzung erwähnt. Sie gehörte zum hochadligen Damenstift Essen, das das Recht auf Abgaben besaß und ihre Besitzer „behandigen“, also einsetzen durfte.
Nachdem 1668 der Hofbesitzer Hartlef gestorben war, behandigte die Essener Äbtissin Anna Salome seinen Nachfahren Arndt Leckebusch mit „zweyen unhuldigen Händen“ mit dem Hof, unter der üblichen Bedingung, „binnen Jahr und Tag“ eine Frau zu benennen, die als die „andere Hand“ den Anforderungen an eine Hofwirtschaft genügen konnte. Geregelt wurden die Abgaben, was sich „gebühret und von alters her gebrauchlich gewesen ist.“ Die beiden Hände sollen den Hof „ausgebrauchen, haben und genießen, jedoch getreulich bei einander verwahren, nicht verkaufen, versplittern, verhauen noch verwüsten ... sondern wenn etwas davon verkommen, nach ihrem Vermögen wiederum dabeibringen und recuperiren (?) und wenn die Behandigten nach dem Willen Gottes verstorben, soll uns von jeder verstorbenen Hand verfallen sein eine Mark Essensche [Währung] anstatt Erbteilung, und sollen alsdann ihre Erben keine Wieder-Gerechtigkeit an selbigem unserem Hof haben als was sie von uns oder unseren Nachkommen gewinnen und erwerben können.“ (Staatsarchiv Münster; als Kopie im Stadtarchiv Schwelm; Sprache dem heutigen Gebrauch angepasst)
Nach dem Tod des Arndt Leckebusch 1677 wird das Gut entgegen der Vertragsbestimmungen geteilt in Unterste bzw. Niederste und Oberste Leckebüschen, heute Hegemann und Uebelgünn. Als Angehörige der „Führungsschicht“ ihrer Gemeinde stellten die Männer aus der Familie Leckebusch Bauerschafts- und Gemeindevorsteher sowie Kirchmeister. Eheschließungen erfolgten früher „standesgemäß“ auf der Basis gleicher ökonomischer und gesellschaftlicher Interessen; sie schufen und festigten damit auch enge verwandtschaftliche Bindungen zu den lokalen und regionalen Eliten. Die politische Vormachtstellung dieser Familien auf lokaler Ebene wurde erst durch das allgemeine, gleiche und geheime Wahlrecht ab 1919 gebrochen.
Ein „Nebenerwerb“ des landwirtschaftlichen Betriebes ist bis heute erfolgreich: Die Kornbrennerei Hegemann. Von den zahlreichen Brennereien, die im 18. und vor allem im 19. Jahrhundert in Sprockhövel und Umgebung betrieben wurden, ist neben der Brennerei Hegemann nur noch der Haßlinghauser Betrieb Habbel erhalten geblieben.
Am 10. Februar 1687 erhielten Heinrich Leckebusch, Bauerschaftsvorsteher und Kirchmeister, und Theil zum Egen aus der Bauerschaft Gennebreck die Genehmigung, im Flöz Wasserbank und deren Nebenbank unter dem Namen Buschbank und Nebenbuschbank ein Kohlebergwerk zu errichten. Ein beträchtlicher Teil des etwa 700 Lachter (1463 Meter) großen Längenfeldes führt unter dem Grundbesitz Leckebüschen her. 1865 erfolgte der Zusammenschluss des Bergwerks mit der Zeche Glückauf.
Alter Bergbau in Obersprockhövel
In Obersprockhövel wurde der Bergbau im 16. Jahrhundert aktenkundig. Ein „Kohlbergwerk“ befand sich in den „Leckebuscher und Bosseler Gemarken“. Eine bemerkenswerte Quelle aus dem Jahre 1577 belegt diesen frühen und verhältnismäßig professionellen Bergbau in der Bosseler Mark, dessen Kohlevorkommen ein bergischer Unternehmer abbauen wollte. Diese Akte, die im Staatsarchiv Münster aufbewahrt wird, beschreibt den Streit zwischen den Nutzern der Bosseler Mark und dem Elberfelder Kaufmann Tillmann Weilerswist, der hier begonnen hatte, mit seinen „Mitconsorten“ Steinkohle zu fördern. Vermutlich stand Weilerswist in Verbindung mit der Schwelmer Alaun- und Vitriolproduktion, die 1573 einsetzte und für die Steinkohle benötigt wurde. Dieser Vorgang ist nicht nur die erste Erwähnung eines auswärtigen Bergbauunternehmers im heimischen Raum; bemerkenswert ist auch, dass ein „Erbstollen“, also Entwässerungsstollen, angelegt werden sollte, was auf die hohe technische Sachkunde der Investoren verweist. In den Konflikt wurden der zuständige Amtmann des Amtes Blankenstein, der Abt von Werden als Herr der Bosseler Mark und sogar Herzog Wilhelm von Kleve als Landesherr bzw. die Herzoglichen Räte in Kleve, hineingezogen. Aus den Akten geht hervor, dass schon lange vorher hier Bergbau betrieben worden war: „ ... etzliche alte bedachte Haußleuth ... wie sie von iren gottsaligen lieben Eltern woll ehe gehortt, daß lange uber die hundert Jahre daselbst“ gekohlt worden sei, bis „kain taugelich Gut“ mehr vorhanden war. Mittlerweile hätten auf den verlassenen Gruben bereits alte Bäume gestanden, berichtete der Blankensteiner Amtmann und bestätigt damit die Aussagen der Einheimischen, die nur noch geringe Mengen Kohle zum Kalkbrennen förderten und Schäden im Wald durch einen geregelten Bergbaubetrieb
fürchteten. Die Bosseler Markenerben erreichten, dass Weilerswist sein Bergwerk schließen musste. Dieser Vorgang ist auch ein Beleg für das selbstbewusste Auftreten der „einfachen“ Leute jener Zeit, die ihre Rechte erfolgreich auch gegen einflussreiche Gegner verteidigen konnten.
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15. Am Papendieck
Der Name Papendieck (neuhochdeutsch: „Pfaffenteich“) weist auf die Zugehörigkeit zur Bosseler Mark hin, deren Herr im Alten Reich der Abt des Klosters Werden war. Der Teich wurde bereits vor einigen Jahrzehnten zugeschüttet.Nun haben wir wahrscheinlich den Bereich der früheren Bosseler Mark erreicht, in dem Tillmann Weilerswist und die „Markenerben“ seinerzeit „gekohlt“ haben. Die Niemeyersche Karte von 1788/89 zeigt im Flözverlauf bereits zahlreiche Schächte auf, die sich wie Perlen an einer Schnur aufreihen.Der Geograf Diethelm Düsterloh wertete nicht nur die Spuren des frühen Steinkohlenbergbaus, sondern auch Schlackenfunde, Verhüttungsspuren und Holzkohlenmeilerplätze nahe Flüsloh, am Röhrdieck und am Papendieck in den 1950er Jahren erstmals wissenschaftlich aus und belegte damit die Existenz von Eisensteinverhüttung in der Wandschmiedezeit, die bei uns vom 12. bis zum 16. Jahrhundert datiert.Für das Auge des Laien sind die Relikte dieser Tätigkeit im Gelände nicht mehr erkennbar. Düsterloh nimmt auf Grund seiner Funde in diesem Terrain jeweils Rennfeuergebläseöfen an; am Papendieck wurde ein solcher Ofen mit einem Wasserrad angetrieben. Wie die Steinkohle konnte auch (Ton-)Eisenstein hier obenflächennah gewonnen werden. Der heimische Raum liegt am Rande des märkischen Sauerlandes, das im Mittelalter zu den bedeutendsten Eisenhüttengebieten Europas gehörte. Seit dem 12. Jahrhundert gibt es im Raum Sprockhövel auch Schmiede, die vielleicht auch den Eisenstein selbst förderten und verhütteten. Danach ging die Verhüttungstätigkeit in unserem Raum zurück; aus dem Siegerland kam der qualitativ bessere Rohstahl und die Weiterverarbeitung erfolgte in wasserbetriebenen Hammerwerken. Die Eisenverarbeitung des Sprockhöveler Raumes setzte sich durch die Kleineisenproduktion der „Sprockhövelschen Fabrik“ bis in das 19. Jahrhundert und den Maschinenbau bis in unsere Tage fort.Mitte des 19. Jahrhunderts setzte in der Region ein kurzfristiger Boom durch die Gewinnung von Kohleneisenstein ein, der auch Obersprockhövel erfasste. Damit hat auch diese Landgemeinde einen Anteil an der Schaffung des Ruhrgebiets als Industrieregion, dessen „Leitmaterie“ weniger die Kohle als das Eisen war.
16. Spuren des Bergbaus „Im Büschken“ und „Am Schmalenberg“
In der Zeit des Kohlenmangels nach dem 2. Weltkrieg bauten viele Kleinzechen in den alten aufgegebenen und unrentablen Bereichen Kohle ab. Auch das Gebiet Im Büschken und Am Schmalenberg wurde regelrecht durchpflügt. Im Wald findet man zahlreiche Pingen, die auf Bergbautätigkeit verweisen. Die Zeche Zukunft, die ihrem Namen keine Ehre machte, wurde 1958 stillgelegt und förderte in 73 m Teufe im Flöz Wasserbank. An der Siedlung „Am Schmalenberg“, die als Abspliss vom Nockenberg im Mittelalter auch dem Kloster Werden zinspflichtig war, befand sich die Kleinzeche Annaburg (Stillegung 1957) Der Schacht war 70 m tief und baute ebenfalls das Flöz Wasserbank ab.
17. Ehemaligen Bahnlinie Wichlinghausen-Hattingen (heute Rad- und Wanderweg) „Herzkamp-Crengeldanzer Chaussee“ und Niederdräing
Verhältnismäßig spät - erst 1884 - wurde die Bahnlinie Wichlinghausen-Hattingen in Betrieb genommen. Auf der 15 km langen Strecke zwischen den Bahnhöfen Schee und Hattingen musste ein Gefälle von 175 Metern überwunden werden. Haupttransportgut war die Steinkohle, die in den Wuppertaler Raum transportiert wurde. Für die Menschen bot die Bahn eine Möglichkeit, zur Arbeit, zur Höheren Schule oder „in die Stadt“ zu kommen. Aus dem Wuppertal kamen vor allem seit den 1920er Jahren zahlreiche Tagesausflügler, oft mit Kind und Kegel, um sich in den schön gelegenen Sprockhöveler Lokalen zu vergnügen. So stellten sich viele der ehemaligen Kohlentreiber- und Fuhrmannskneipen auf den Nahtourismus um. 1991 wurde die stillgelegte Bahnlinie vom Kommunalverband Ruhrgebiet zu einem Rad- und Wanderweg ausgebaut. Heute kann man auf zwei alten Bahntrassen von Hattingen über Sprockhövel und Schee und weiter über Haßlinghausen, Hiddinghausen bis zur Stadtgrenze nach Gevelsberg wandern und radeln. Der Regionalverband Ruhr (RVR) als Bauträger plant die Verlängerung ab Silschede durch den Ausbau der ehemaligen Trasse Schwelm-Witten Richtung Norden. Dort wird die Trasse voraussichtlich 2012 wieder die Ruhr erreichen und an den Ruhrtalradweg anschließen.Das ehemalige China-Restaurant in der Siedlung Niederdräing hat seinen Ursprung in einer Gaststätte der Familie Leckebusch, die nach dem Bau der „Herzkamp- Crengeldanzer Chaussee“, der heutigen Wuppertaler bzw. Elberfelder Straße, hier eingerichtet wurde. Heinrich Peter Leckebusch war 1841-1847 Gemeindevorsteher von Obersprockhövel und Repräsentant bzw. Grubenvorsteher der Zeche Glückauf. Auch das benachbarte verschieferte Haus Nr. 223 war Gastwirtschaft (und Bäckerei). Eine Schulklasse der überfüllten Schule Löhen war hier von 1893 bis 1912 untergebracht. Das Bruchsteinhaus links neben dem Haus Dräing beherbergte eine Schmiede.Die Straße, die auf Betreiben der Bergwerksbesitzer gebaut wurde und nur wenige Steigungen bzw. Gefälle aufweist, zog den Verkehr von der alten Kohlenstraße, der heutigen Löhener Straße ab. Sie führte von Herzkamp über Quellenburg nach Sprockhövel durch das Hammertal und über Herbede nach Witten-Crengeldanz. 1847 wurde sie fertiggestellt.
1771 gehörte der Witwe Dräing – vermutlich eine Vorfahrin von Leckebusch - ein Teil der Obersprockhöveler Zeche Friedrich Wilhelm, in deren Bereich wir uns bewegen. Frau Dräing befand sich auf der Gewerkenliste in bester Gesellschaft: Ein anderer Teilhaber war der Preußenkönig Friedrich II. Die Grube zählte in dieser Zeit mit 10 Bergleuten zu den größten Bergwerken in der Region. Die Förderung erfolgte über eine Haspel, die bei „Friedrich Wilhelm“ auch von Frauen gezogen wurde. Grubenvorsteher war Mitte des 19. Jahrhunderts Wilhelm Hiby von Pöting, genannt „Kuxen-Wilm“, der noch sechs anderen Zechen zwischen Altendorf und Hiddinghausen vorstand. (Mannstaedt, Gewerbliches Adressbuch 1858, 72). Erst die Ableitung der Grubenwässer durch den Dreckbänker Erbstollen ab 1865 ermöglichte nach einer Stillegung eine Wiederaufnahme des Betriebes. Dennoch verloren die Sprockhöveler Zechen in dieser Zeit zunehmend an Bedeutung: Der Bergbau wanderte weiter nach Norden, wo die ergiebigeren Flöze im Tiefbau ertragreicher abgebaut werden konnten. Später wurde das Grubenfeld von Friedrich Wilhelm von der Gennebrecker Zeche „Glückauf“ abgebaut, die 1889 stillgelegt wurde.
Die Brüder Caspar Dietrich Niederndräing und Peter Niederndräing gen. Brass waren an der Zeche Gottessegen in Witten-Durchholz/Hammertal beteiligt. Peter hatte sich 1758 die Mutung, also das Recht auf das entsprechende Grubenfeld übertragen lassen und war dessen Lehnträger, also Besitzer. Möglicherweise ist sein Bruder identisch mit dem Kirchenältesten und Hofbesitzer Caspar Dietrich Niededräing, der sich mit seiner Frau Anna Margareta Krefting in der Kamininschrift des Fachwerkhauses Nr. 217 verewigt hat.
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18. Hof Oberdräing
Oberdräing gehörte zu der mittelalterlichen Siedlung Dräing, die auch dem Kloster Werden zinspflichtig war. Seit dem 14. Jahrhundert sind die Bewohnerinnen und Bewohnerdieser Hofstelle(n) aktenkundig. Im 15. Jahrhundert bestanden auf „Dreynck“ oder „Dryinck“ bereits zwei separate Höfe, deren Besitzer Coen (=Konrad) und Rutger hießen. Ende des 18. Jahrhunderts lebten auf dem Hof Oberdräing der Kirchmeister Johannes Caspar Oberdreing und seine Frau Maria Catharina Leckebusch von Niederdräing, die 1793 geheiratet hatten. Als 1827 erstmals ein Kataster und Güterverzeichnis für Obersprockhövel erstellt wurde, umfasste der Hof einen Grundbesitz von ca. 138 Morgen, für Sprockhöveler Verhältnisse einen sehr großer Besitz. Die barocken Fenster im Obergeschoss des Haupthauses, das vermutlich aus dem 18. Jahrhundert stammt, zeugen von Geschmack und Wohlstand der Erbauer. Seit 1836 tragen auch die Besitzer von Oberdräing den Namen Leckebusch. Nach einigen Besitzerwechseln im 20. Jahrhundert – zeitweilig gehörte der Hof dem Freiherren von Bock - erwarb 1953 der Landwirt Erich Erley das damals heruntergewirtschaftete Gut. Heute wird auf dem Hof keine Landwirtschaft mehr betrieben.
19. Ehemalige Schule Löhen, Löhener Str. 36
Eine enorme Verbesserung der Schulverhältnisse brachte der Neubau der Volksschule Löhen, die die Gemeinde Obersprockhövel zeitgleich mit der Schule Pöting 1877 erbauen ließ. Die Steine für den Bau stammten aus dem benachbarten Steinbruch Neuhaus (Punkt 22). Nun wurde der Schulunterricht nicht mehr in engen dunklen Stuben erteilt, sondern für alle Kinder des Schulbezirks in zwei großen hohen Klassenräumen. Die stetig wachsende Schülerzahl machte später einen Anbau für eine dritte Klasse erforderlich, der 1912 vollendet war. 250 Schülerinnen und Schüler besuchten zu dieser Zeit die Schule. 1965 wurde mit Fertigstellung der neuen Volksschule Süd (heute Hauptschule Niedersprockhövel) der Schulbetrieb hier eingestellt und das Gebäude anderweitig öffentlich genutzt, unter anderem als Unterkunft für Obdachlose. 2004 verkaufte die Stadt Sprockhövel das Haus an private Erwerber.
20. Die Pausenstation “Am Kotten” ist entfallen. Daher ist der Abstecher dorthin entbehrlich.
21. Am Kortengraben, Löhener Str. 18
Wieder auf der Löhener Straße angelangt, passieren wir das Haus am Kortengraben, ursprünglich ein typischer Kleinkotten in Obersprockhövel. 1682 zahlte Diederich am Kortengraben eine Steuer von nur acht Pfennigen und gehörte damit zu den ärmsten Steuerzahlern in seiner Gemeinde. 1764 war „Kortegräber“ ein Kötter und Schlossschmied mit Frau und drei Kindern. Johann Jörgen Kortgräber war Meister in der Sprockhövelschen Fabrik und sein 1795 geborener Sohn Johann Caspar war dort als Lehrling angemeldet. Vier Morgen Ackerland und ab 1836 zusätzlich zwei Morgen Wald gehörten zu dem Kotten, der auf den Besitzer, den Schlosser Johann Caspar Kortengräber eingetragen war. 1876 brannte der alte Kotten ab und Johann Caspar und seine Frau Wilhelmine geborene Schulte-Schrepping bauten ein großes neues Wohnhaus, wovon zwei Seiten in Buchstein ausgeführt wurden. 1884 lebte in diesem Haus außer Johann Caspar der Schmied August Kortengräber. Die Erbin Ida Kortengräber heiratete 1901 Ewald Oberste Vorth genannt Vorthmann. Ihre Nachfahren, die Familie Sirrenberg/ Müller haben das alte Haus behutsam saniert und halten das schöne Anwesen in Ehren.
22. An der Hölzernen Klinke, Löhener Str. 13 /Steinbruch Neuhaus
Zu Beginn des 19. Jahrhunderts wurde das Haus errichtet, das ursprünglich „am neuen Hause“ hieß. Die Kohlentreiber des 18. und frühen 19. Jahrhunderts gaben den Häusern an ihren Wegen häufig Scherznamen, und so erhielt dieses Haus bald den Namen „An der Hölzernen Klinke“. Als Eigentümer sind in den Jahren ab 1824 Heinrich Peter Hülssiep und die Witwe Hilgendieck erwähnt. 1854 ging der Besitz an Kaspar Landgrafe über. Landgrafe war Schreiner; seine Werkstatt lag im Hause gegenüber. In seinem Wohnhaus betrieb die Familie Landgrafe, später Mühl, gleich zwei Gastwirtschaften, die hier an der alten Kohlenstraße gut besucht waren. Es gab sogar eine Kegelbahn und bis zu Beginn des 20. Jahrhunderts wurden hier viele Feste gefeiert, bei denen auch ein Karussell zum Einsatz kam.
Hinter dem Anwesen befand sich der Steinbruch Neuhaus. Die Familie Neuhaus war ursprünglich an der Löhener Straße ansässig und betrieb zusätzlich ein Fuhrgeschäft mit vier bis fünf Pferden. Transportgut war auch die Steinkohle, die von den Sprockhöveler Zechen zu den Abnehmern ins Wuppertal gebracht wurde. Amalie Heiermann verw. Neuhaus übertrug ihrem Sohn Friedrich 1878 den Steinbruch, der in Familienbesitz blieb und bis 1955/56 mit vier bis sechs Arbeitern betrieben wurde.
Wie Steinkohle und Eisenstein bildet auch der (Ruhrkohlen-)Sandstein Flöze (Bänke) aus, die im Tagebau abgebaut/gebrochen und bearbeitet wurden. Sprockhöveler Sandstein wurde in früheren Zeiten zum Haus- und Brückenbau verwendet und vielfach in den Wuppertaler Raum verkauft. Auch die traditionellen Fachwerkhäuser haben steinerne Fundamente und die Stallungen sind wegen der höheren Festigkeit der Wände häufig in Bruchstein errichtet. Seit dem 19. Jahrhundert wurde der Sandstein als Baustoff zunehmend durch Ziegel und Beton ersetzt. Heute (2007) wird nur noch ein Sprockhöveler Steinbruch gewerblich genutzt (Hobeuken/Landsberge).
23. Hohlweg
Wir betreten wieder den Wald und erreichen bald einen alten Hohlweg, die alte „Zufahrtsstraße“ zum Kotten Poppenberg. Vor dem Bau der Löhener Straße 1830 waren die Straßen in Obersprockhövel Naturwege, die je nach Witterung mit Pferd und Wagen schlecht bis gar nicht passierbar waren, ein für unsere Region durchaus üblicher Zustand. Der Freiherr von Vincke, 1815 zum Oberpräsidenten der Provinz Westfalen ernannt, bezeichnete die Straßen in Westfalen als „Mördergruben für Mann und Pferd.“ Während seiner Regierungszeit ließ er zahlreiche solcher Wege durch „Kunststraßen“, also künstlich befestigte Straßen ersetzen, die zu Lebensadern des modernen Industriezeitalters wurden.
In den Wäldern sind noch einige alte Hohlwege erhalten geblieben. Sie sind heute historische Quellen und zeugen von dem jahrhundertealten Transportwesen mit zweirädrigen Karren als Transportmittel. Wenn die Wegeverhältnisse selbst für die Karren zu schlecht waren, trugen Treiberpferde die Last. Auf diesen Naturwegen konnte ein Pferd jeweils nur sechs bis acht Zentner Last tragen. Manche Hohlwege sind als Zeugnisse dieser altern Zeit als Bodendenkmäler geschützt.
Mit diesem Ausflug in die vorindustrielle Zeit erreichen wir wieder die erste Wegekreuzung vom Beginn des Weges. Nur wenige Gehminuten und ein Zeitsprung von ca. 150 Jahren trennen uns vom IG-Metall-Bildungszentrum, einem Symbol des notwendigen steten Lernens im Industriezeitalter.